Die Kinder der neuen Zeit – unsere Kinder! – läuten eine neue Ära ein. Ihre Intuition ist ebenso ausgeprägt wie ihr Wille. Sie folgen nur noch dem, was aus dem Herz kommt und authentisch ist. Das macht sie zu kraftvollen Entwicklungshelfern für unser Bewusstsein. Sie führen uns Eltern in die Heilung alter Verletzungen und in die Befreiung von allem, was nicht zu uns gehört.

Die Impulsgespräche, die ich als Coach gerade mit vielen Müttern führen darf, haben mich zu diesem Blog inspiriert. Er ist längst überfällig. Denn es ist an der Zeit, unsere Kinder endlich mit anderen Augen zu sehen – und sie ihre Kraft entfalten zu lassen!

Nein-Sagen und Machtkämpfe

Die Situationen, die mir die Mütter im Gespräch beschreiben, kenne ich alle selber: Auch ich war mit unseren Kindern oft überfordert. Ich verzweifelte, wenn sie nicht taten, was ich ihnen sagte. Ich schrie sie an, weil ich mir sonst nicht zu helfen wusste. Es gab Tage, die nur aus Nein-Sagen und Machtkämpfen bestanden.

Insbesondere an unserem Erstgeborenen, Ben, rieben wir uns auf. Er ist willensstark. Er weiss, was er will. Allzu oft war es das, was wir nicht wollten. Wir meinten, es besser zu wissen. Schliesslich waren wir ja die Eltern, und er das Kind. Also sagten WIR, wo es lang geht!

Das ist Erziehung. Das ist konsequent. Ein bisschen Strenge hat noch niemandem geschadet.

Verzweiflung steht am Anfang des Wandels 

Doch, das hat sie!

Das dämmerte uns spätestens, als wir Ben nach einem Triple-P-Kurs wie gelernt im Zimmer einsperrten, als er zum dritten Mal nicht auf uns hören wollte. Er schrie, wir schrien. Ihm ging es schlecht, uns ging es schlecht. Das konnte nicht der Weg sein!

Das war einer der Momente, in denen unser Wandel als Eltern begann.

Wir erlaubten uns langsam, unsere Glaubenssätze und Verhaltensmuster zu hinterfragen. In einem langen Prozess lernten wir zu prüfen, ob es ein Nein wirklich braucht – oder ob es nur der Ausdruck eines anerzogenen Reflexes ist.

Wir überprüften unsere Regeln und schauten, welche wirklich aus uns heraus kamen, und welche wir lediglich aufstellten, weil wir nichts anderes kannten. Es war ernüchternd zu sehen, wieviel wir übernommen hatten. Ein verschwindend kleiner Teil davon entsprach wirklich unserem Wesenskern.

Kurze Hosen im Spätherbst? DEINE Angelegenheit!

Selbstverständlich gab es Bereiche, in denen es weiterhin klare Vorgaben brauchte. Angurten im Auto ist ein Muss. Beim Überqueren der Strasse auf den Verkehr zu achten, ebenso. Ich will auch nicht, dass unser empfindlicher Fussboden mit Skischuhen betreten wird.

Wenn Ben jedoch Brot mit geschmolzenem Käse frühstücken, am Tisch singen oder im Spätherbst kurze Hosen anziehen will, dann ist das seine Angelegenheit. Auch wenn es uns oft genug Überwindung kostet, seine zuweilen fragwürdigen Wünsche zu respektieren.

So lösten wir uns nach und nach von Denkweisen und Verhaltensmustern, die nicht zu uns gehörten. Wir entspannten uns. Und Ben entspannte sich mit uns.

Unsere Kinder sind unsere Lehrmeister

Das führte zu einer neuen inneren Haltung unseren Kindern gegenüber. Wir sahen endlich, dass diese jungen Menschen schon alles haben, was wir ihnen geben zu müssen glaubten. Wir begannen, sie als eigenständige, vollkommene Wesen zu sehen.

Erziehung geht vom Gegenteil aus: Davon, dass wir Kindern zeigen müssen, was sie dürfen und was nicht. Dass sie erst dadurch «ganz» werden, indem wir ihnen die Welt erklären und wie sie sich darin zu verhalten haben.

Auch wir haben damit nicht vollständig aufgehört. Die alten Konditionierungen stecken auch uns noch in den Knochen. Doch wir haben das Spiel neu definiert, indem wir uns erlauben, von ihnen zu lernen.

Denn sie sind unser Spiegel. Als solcher zeigen sie uns glasklar auf, wo wir noch verdreht sind. Wenn sie uns mit ihrem Verhalten triggern und wir Widerstand in uns selber wahrnehmen, dann schauen wir besonders gut hin: Weshalb rege ich mich hier gerade so auf? Wo kommt das her?  Ach ja, damals… Ich wurde auch getadelt, wenn… Was hat das mit mir gemacht?

Wenn die Erwartungen anderer wichtiger sind als die eigenen Bedürfnisse

Und so schenken diese Kinder uns Eltern die grosse Chance, in die Heilung zu kommen. Das gilt insbesondere für jene Mütter und Väter, die selber streng und autoritär erzogen wurden und einen grossen Rucksack an übernommenen Benimmregeln mit sich herumtragen.

Diese Last wiegt schwer! Im Versuch, allen Erwartungen und Anforderungen gerecht zu werden, stellen wir unsere wahren Bedürfnisse hinten an. Wir beschränken uns selbst. Wir bauen eine Mauer um unser Herz, um uns zu schützen. Und ehe wir uns versehen, weicht die Freude dem Stress, das liebevolle Verständnis dem Nein-Sagen, das Vertrauen der Angst.

In diesem Zustand projizieren wir auch ins Aussen: Der Job, das Leben, das Geld, die anderen – alles ist schuld, wenn es uns schlecht geht. Nur wir nicht.

Wie steht es mit dir?

Wie hoch ist deine Toleranz für lautes und wildes Spielen? Siehst du rot, wenn dein Kind verschwenderisch mit etwas umgeht? Schämst du dich, wenn es andere nicht grüsst? Ist es für dich ein No-Go, zu spät zu einem Termin zu erscheinen? Oder die Kinder erst beim zweiten Rufen am Esstisch erscheinen?

Wenn es dir allein beim Lesen mit Übelkeit auf diese Situationen reagierst, gehst du womöglich in einem engen Korsett an Konditionierungen durchs Leben. Wie leicht kannst du dabei noch atmen?

Von der Ohnmacht in die Eigenmacht

Wenn wir uns mehr von den Erwartungen anderer als von unseren eigenen Bedürfnissen steuern lassen, haben wir meist vergessen, wer wir sind. Wir haben vergessen, dass wir Liebe sind. Wir haben vergessen, dass wir mit allem und allen untrennbar verbunden sind.

Und wir haben vergessen, dass unser Leben immer ein Spiegel unserer eigenen Denkmuster und Erwartungen darstellt!

Der erste Schritt in die Heilung ist, dass wir unseren Zustand unverschleiert sehen und annehmen. Wir dürfen offen dafür werden, uns und unser Leben zu hinterfragen. Wir dürfen erkennen, dass wir Verantwortung tragen für alles, was sich in unserem Leben befindet. Wir sind mächtige Schöpferinnen und Schöpfer – wir kreieren ständig! Nur WAS, ist die Frage.

Diese Erkenntnis bringt uns von der Ohnmacht zurück in die Eigenmacht. 

Der heilende Blick zurück

Der nächste heilende Schritt führt in die Vergangenheit. Wir dürfen zurückblicken und mit offenen Augen die Verletzungen anschauen, die wir als Kind erlitten haben. Es gibt sie in JEDER Kindheit.

Ich selber war jahrelang stolz darauf, es so leicht gehabt zu haben. Ich war als Kind doch so glücklich! 

Dann – ausgelöst durch persönliche Krisen – erinnerte ich mich Stück für Stück. Ich hatte mich nie wirklich verstanden gefühlt. Es hatte mich tief getroffen, für Dinge getadelt zu werden, die ich doch nicht absichtlich böse gemeint hatte! Und als Teenager versuchte ich krampfhaft, meinen Eltern beizubringen, wie sie wertschätzender miteinander kommunizieren können – erfolglos.

Der klare Blick zurück wird auch Wut in dir hervorbringen. Du musst nicht aufhören, deine Eltern zu lieben, wenn du wütend wirst auf das, was dich in deiner Kindheit verletzt hat! Und wenn du deine Eltern nicht liebst, sondern ablehnst, dann kannst du ihnen jetzt vielleicht vergeben. Denn ALLES, was sie uns gegeben haben, war ein Geschenk! Auch die schwierigen Momente.

Das Leben präsentiert uns immer genau die Situationen, die wir brauchen, um zu wachsen. Und diese Situationen entstammen oft nicht dem Bilderbuch mit dem rosafarbenen Einband.

Kinder der neuen Zeit lassen nur zu, was authentisch ist

Es zeichnet sich ab, dass unseren Kindern vieles davon erspart bleiben wird. Das Bewusstsein von uns Menschen steigt, und damit auch das Bewusstsein vieler Eltern. Das führt dazu, dass weniger Kinder die gleichen Krisen durchleben müssen, die zu unserem eigenen Aufwachen geführt haben.

Die Kinder der neuen Zeit bringen eine neue Qualität mit sich: Sie sind spürbar mit der Quelle verbunden. Sie folgen der Freude. Ihre Intuition ist ebenso ausgeprägt wie ihr Wille. Daher werden sie nicht mit sich machen lassen, was wir noch stillschweigend über uns haben ergehen lassen.

Eine Folge davon ist, dass sich immer mehr junge Menschen weigern, nach altem System funktionierende Schulen zu besuchen. Sie werden sich gegen gesellschaftliche Regeln auflehnen, die nicht aus Liebe, sondern zur Ausübung von Manipulation, Macht und Kontrolle aufgestellt wurden.  

Sie suchen die Gemeinschaft, nicht das Einzelkämpfertum – sie suchen Kooperation, nicht Konkurrenz. Um sich mit anderen zu verbinden, nehmen sie neue Technologien offen an – oder entwickeln sie selbst.

Sie entlarven, was nicht authentisch ist, indem sie ihm schlicht keine Folge leisten. Sie folgen nur noch dem, was aus dem Herz kommt. Alles andere spiegeln sie zurück. Das macht sie zu mächtigen Entwicklungshelferinnen und -helfern des Bewusstseins von uns Eltern! 

Als Vater oder Mutter hast du die Wahl: Du kannst dich gegen dein Kind auflehnen, es massregeln ohne Ende und dabei deine Freude mehr und mehr verlieren. Oder du kannst das Geschenk sehen und annehmen, das es mit seinem Sein für dich bereit hält.

Willkommen in der neuen Zeit!