Seit einiger Zeit habe ich es mir zur Angewohnheit gemacht, meine Sprachnachrichten an andere selbst nochmals abzuhören. Das ist für mich ein aufschlussreicher Weg, meine eigenen Sprachmuster und “Ticks” bei der Formulierung von Sätzen zu erkennen. (In unserem Gespräch empfiehlt Robin Kaiser dies auch im Hinblick darauf, die eigene Sprachmelodie, das eigene Sprachbild wahrzunehmen – hier im Video ab Minute 52:30).
Ich achte dabei unter anderem darauf, ob ich ganze Sätze mache und welche Füllwörter ich immer noch gern benutze. Dieses Vorgehen ist ein guter Realitätsabgleich und bringt mich jeweils auf den Boden der Bescheidenheit zurück: Denn meine Sprache weist immer wieder Formulierungen auf, für die ich in meinen online-Trainings günstigere Alternativen anbiete. Was zeigt: Jeder Lehrer ist auch ein Schüler!
Auf diese Weise habe ich vor kurzem eine Eigenart in meinem sprachlichen Ausdruck entdeckt, die mir da erst richtig bewusst wurde:
Wirklich mega fantastisch!
Es handelt sich um die Tendenz, meine Aussagen mit sprachlichen “Verstärkern” betonen oder unterstreichen zu wollen.
Allein in meiner letzten Sprachnachricht habe ich etwa folgende Sätze geäussert: “Es war für mich ein sehr langer Tag heute”, “Ich freue mich mega, wieder da zu sein”, “Die Gesprächsthemen fordern mich extrem heraus” oder “Das ist ja wirklich fantastisch”. (1)
So fühlte ich mich geradezu ertappt, als ich kürzlich meine Aspekte im Horoskop studierte und dort las: “In der Kommunikation sind diese Menschen typischerweise überzeugend, können jedoch auch einen Hang zur Übertreibung haben, um ihren Standpunkt zu vertreten.” (2) Aha!
Die Frage ist: Was veranlasst mich zum häufigen Gebrauch von verstärkenden Worten – fühle ich mich zu wenig “gehört”? Und: Erziele ich mit solch verstärkenden Einschüben in der Sprache die erhoffte Wirkung?
Rhetorische Stilfiguren zur Bekräftigung von Aussagen
Bevor wir uns dieser Frage zuwenden, machen wir einen kurzen Ausflug zu zwei rhetorischen Stilfiguren, die ebenfalls eine Bekräftigung der Aussage zum Zweck haben – ganz im Sinne von: Wo die Übertreibung nah ist, ist der Pleonasmus nicht weit.
Bei einem Pleonasmus (von griechisch “pleonasmós” = Überfluss) wird die Bedeutung eines Wortes überflüssigerweise doppelt geäussert. Das kann durch ein Adjektiv und ein Substantiv mit gleicher Bedeutung geschehen (zum Beispiel: “alter Greis” oder “manuelle Handarbeit”), oder durch die Verwendung in einem zusammengesetzten Wort (zum Beispiel: “zusammenaddieren” oder “stillschweigend”).
Bei einer Tautologie verhält es sich ähnlich: Hier wird ein Wort mit einem Begriff gleicher Bedeutung wiederholt – im Gegensatz zum Pleonasmus jedoch immer in der gleichen Wortart (Beispiel: “nie und nimmer” / “List und Tücke” / “Angst und Bange”). Wenn du ein Wort zwei Mal brauchst, um deiner Aussage Nachdruck zu verleihen, ist das auch eine Tautologie (zum Beispiel: “Nein und nochmals nein!”).
Ein weiterer Unterschied zum Pleonasmus ist, dass dieser oft eine unbeabsichtigte Verdoppelung einer Aussage darstellt, während das Gesagte mit einer Tautologie meist bewusst verstärkt wird.
Wie bei Lautstärke und Sprechtempo: Weniger ist mehr
Bleibt die Frage: Erziele ich mit der Verwendung solcher Verstärker tatsächlich eine grössere Wirkung, oder schwäche ich meine Aussagen damit vielmehr ab?
Meines Erachtens hängt dies davon ab, wie bewusst und wie oft ich solche Ausdrücke verwende. Ähnlich wie mit der Lautstärke und dem Sprechtempo gilt auch hier: Weniger ist mehr. Meine Erfahrung ist, dass ich durch das Weglassen von sprachlichen Verstärkern eher eine grössere Wirkung erziele als mit einem häufigen Einsatz derselben.
Verwende ich in jedem zweiten Satz ein “Mega”-Wort, führt das sogar zum Gegenteil: Irgendwann hört mir keiner mehr zu. Ich wirke unglaubwürdig. Vorsicht ist ebenso bei rhetorischen Stilfiguren geboten: Bei zu häufigem oder unbeabsichtigt fehlerhaftem Einsatz werden Stilmittel leicht zum Stilbruch.
Setze ich Verstärker jedoch gezielt und in Massen (Maßen!) ein, kann ich damit durchaus einen bekräftigenden Effekt erreichen und mehr Aufmerksamkeit auf meine Aussage lenken. Wie bei einem musikalischen Verstärker verschaffe ich mir damit Gehör und erziele einen Effekt, der gänzlich ohne Nachdruck vielleicht ausbleiben würde.
Wie siehst DU die Sache? Und vor allem: Hast auch DU die Tendenz, deinen Aussagen sprachlich Nachdruck verleihen zu wollen? Wenn ja: Mit welchen Worten? Ich freue mich sehr auf deinen Beitrag auf meinem Telegram-Kanal!
(1) Bei einer gedanklichen Sammelaktion sind mir rund dreissig solcher “Verstärker” in den Sinn gekommen. Auf meinem Telegram-Kanal sammle ich weitere Beispiele: Melde dich gerne, wenn du ein weiteres Verstärker-Wort kennst, das sich noch nicht auf obigem Bild befindet!
(2) Für Astrologiekundige: Dieser Beschrieb bezieht sich auf das Quadrat von Jupiter und Merkur in meinem Geburtshoroskop. Letzterer, der “Planet der Kommunikation und des Denkens”, sitzt dort nah an der Sonne und bei Chiron im siebten Haus der Partnerschaft.