Auf meinem Telegram-Kanal habe ich heute das Foto eines Firmenschildes mit dem Wort “Heissmangel” aufgeschaltet (siehe oben). Ich betrachte es als schönes Beispiel für einen Aushang, der nur deutsche Worte beinhaltet. Damit steht es in erfrischendem Kontrast zu vielen anderen Werbeplakaten, die mehr und mehr englisch daherkommen.

Wem die Heissmangel als Wort und Arbeitsgerät nicht mehr geläufig ist, den verweise ich gerne auf dieses 7,5-minütige Filmchen des Bayerischen Rundfunks.

 

Unterschiedliche Herkunft eines identischen Wortes?

Besonders interessant wurde es für mich, als ich die Herkunft des Wortes MANGEL nachschaute. Denn obwohl es sich um ein identisches Wort handelt, führt das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache (DWDS) zwei ganz unterschiedliche Erklärungen für die Abstammung der beiden Worte – einerseits DER Mangel (männlich), andererseits DIE Mangel (weiblich) – an:

a) Demnach ist der Mangel (pl. die Mängel) auf das lateinische mancus für ‘gebrechlich, unvollständig, mangelhaft’, ursprünglich ‘verstümmelt, verkrüppelt’ zurückzuführen, während

b) die Mangel (pl. die Mangeln) vom spätlateinischen manganum (= ‘Werkzeug, Maschine’) bzw. von einer mit Spannwalzen versehenen Schleudermaschine (griechisch mánganon) herrühren soll.

Kann das gleiche Wort wirklich auf zwei so unterschiedliche Ursprünge zurückgeführt werden? Ich bezweifle das. Dazu kommt, dass auch die Herleitungen selbst wenig Anklang bei mir finden.

Klingt mehr an: Die Verwandtschaft von MANGEL mit ENG

Viel plausibler erscheint mir persönlich die Verwandtschaft des Wortes MANGEL mit dem Wort ENG.

Wende ich Mario Prass’ Regeln zur Umwandlung von Worten in andere Worte an, lässt sich die Nähe der beiden Worte ganz einfach erklären: Aus “e” wird der benachbarte Vokal “a” (A,E,I,O,U). Füge ich weiter ein “m” und die Endung “el” hinzu, wird aus ENG der oder die MANGEL.

Meines Erachtens ist die Nähe der beiden Worte alleine beim Lesen und Aussprechen deutlich erkennbar.

Diese Annahme wird unterstützt durch die Herkunft und Bedeutung des Wortes ENG: Es lässt sich auf die indogermanische Wurzel ang̑h- für ‘eng, einengen, schnüren’ zurückführen. Die Übertragung auf den seelischen Bereich führt weiter zu Angst, die ebenfalls eng mit ENG verwandt ist.

 

Die Enge spielt in beiden Fällen eine grosse Rolle

Es ist weiter einfach ersichtlich, dass sowohl der Mangel als auch die Mangel direkt mit Enge zu tun haben:

Die Mangel führt zu plättende Stoffe durch eng aneinanderliegende Rollen, führt sie also durch eine Enge hindurch. Daher auch die Ausdrücke “jemanden in die Mangel nehmen” bzw. “jemanden in der Mangel haben”.

Derweil kommt auch der Mangel in einem Gefühl von Enge und Angst zum Ausdruck. Dieses Gefühl wiederum ist eine Folge dessen, dass Geld, Liebe und andere “Mangelware” als eng, also als (zu)wenig vorhanden wahrgenommen werden. Nicht umsonst sagen wir am Ende des Monats, dass es “eng” wird, wenn das Geld ausgeht.

Was meinst du? Erscheint dir die Herleitung des Digitalen Wörterbuchs der deutschen Sprache wahrscheinlich? Oder hältst du die Verwandtschaft von MANGEL und ENG für plausibel? Beteilige dich, wenn du magst, gerne an der Diskussion im Austauschforum auf meinem Telegram-Kanal!

 

 PS: Ich zeichne in diesem Beitrag meine Überlegungen unter anderem deshalb auf, weil es mir berechtigt und wichtig erscheint, dass als “wissenschaftlich” bezeichnete Erläuterungen durchaus hinterfragt werden dürfen. Gleichzeitig weise ich darauf hin, dass ich keine Sprachwissenschaftlerin bin. All meine Ausführungen kommen aufgrund meiner eigenen Denkleistung, Erkenntnisse und Empfindungen zustande. Sollte es zu obigem Thema andere, triftige Erklärungen geben, bin ich sehr offen dafür, von diesen Kenntnis zu erhalten!