Wer meinem Schaffen schon etwas länger folgt, weiss vielleicht, dass ich mit jedem Beitrag einem inneren Impuls folge. Wo kein Impuls, da kein Beitrag – auch, wenn dies aus Marketingsicht wenig ratsam erscheint (”Du musst die Menschen am Ball halten!”).

Nachdem es mich monatelang zu immer neuen, immer tieferen Erkenntnissen führte und ich die Dringlichkeit verspürte, diese in Blogs oder Interviews öffentlich zu teilen, erlebe ich seit einiger Zeit eine neue Phase:

Einerseits verlieren neue, durchaus wichtige Informationen angesichts des dahinter liegenden Gesamtbildes als einzelnes Puzzleteil rasch ihre Relevanz – nach dem Motto “Das ist ja nur ein kleiner Ausschnitt aus dem grossen Ganzen”. Gleichzeitig erscheint es mir nahezu unmöglich, den komplexen Kontext so darzustellen, wie ich es für nötig halte und gerne tun will.

Beides dämpft mein Mitteilungsbedürfnis. Je mehr sich mir die Zusammenhänge erschliessen, desto mehr hinterfrage ich alles und jeden – auch mich. Oder: Je mehr ich weiss, desto mehr glaube ich, nichts zu wissen. Sokrates lässt grüssen.

 

Vom Schmerz zum Beruf

Ähnlich ergeht es mir mit Impulsen zu den unzähligen Eigenheiten der deutschen Sprache oder mit dem inneren Drängen, Anregungen zu wertschätzender und wirkungsvoller Kommunikation zu veröffentlichen: Zurzeit liegen diese Impulse zeitlich recht weit auseinander. Das Drängen hat sich in Ideen verwandelt, die kommen – und wieder gehen.

Nachdem ich diese Phase nun schon eine Weile beobachte, hat sich vor kurzem eine Erklärung dafür aufgetan. Und zwar:

Der Schmerz hat nachgelassen.

Was meine ich damit?

Ich habe die Beobachtung gemacht, dass viele Menschen ihren Beruf aus einem Schmerz heraus ergreifen, den sie in der Kindheit (oder vielleicht sogar noch früher) erfahren haben. Das ist wohl nicht bei allen so – viele erben ein bestimmtes Talent ihrer Eltern oder wissen von Anfang an, was sie wirklich lieben und tun wollen. Doch oft entsteht der Antrieb für eine berufliche Betätigung in einer Wunde und dem Bedürfnis, sie durch das eigene Schaffen zu heilen.

 

Verletzende Sprache in der Familie

Bei mir war es wohl eine Mischung aus beidem. Ich liebe Sprachen, insbesondere die deutsche Sprache. Diese Liebe wurde mir in die Wiege gelegt. Gleichzeitig erfuhr ich in meinem familiären Umfeld früh eine Art von Kommunikation, die ich als verletzend empfand. Oft geschah dies in Situationen, die an nicht verarbeitete Wunden oder Minderwertigkeitsgefühle der Beteiligten rührte, oder die sonst mit Stress verbunden waren.

Dann kam etwa die DU-Sprache zum Vorschein (”Du bist so empfindlich!”), oder es wurde in der dritten Person Einzahl von Anwesenden gesprochen (”Sie versteht es einfach nicht!”). Kleinigkeiten, möchte man meinen, doch meine Kinderseele litt bei solchen Äusserungen, die wie ein subtiler Hieb mit dem Dolch wirkten.

Früh versuchte ich daher, anderen beibringen zu wollen, wie sie sich mit kleinen sprachlichen Veränderungen wertschätzender äussern könnten. Bei meinen Eltern war meinen Bemühungen kein Erfolg beschieden – natürlich. Es war eine meiner ersten spirituellen Lektionen, dass es zu nichts Gutem – und bestimmt zu keinem Resultat – führt, wenn ein Kind seine Eltern belehren oder ihnen ihre Probleme abnehmen will. Bert Hellinger bezeichnet dies sogar als Anmassung – eine Anmassung aus Liebe zwar, aber doch eine Anmassung, weil sich ein Kind dann zwischen oder über seine Eltern stellt und damit die natürliche Ordnung durcheinander bringt.

Hast du losgelassen, bleibst du gelassen

Bei mir hat die Erfahrung verletzender Kommunikation dennoch viel ins Rollen gebracht: Einerseits begab ich mich aus diesem Schmerz heraus früh auf die Suche nach mir selbst und dem Sinn des Lebens. Was macht mich glücklich, wann ist mir wohl? Andererseits wählte ich ganz irdisch eine Karriere in der Unternehmenskommunikation, um als Selbstständige den Fokus später ganz auf die bewusste und wertschätzende Sprache zu legen.

Wertschätzende Sprache – dieses Thema begleitete mich nach meiner Herkunftsfamilie auch stark in meiner jetzigen Familie und Beziehung. Astrologisch Interessierte werden sich nicht wundern, dass Chiron in meinem Horoskop im siebten Haus der Partnerschaft steht – gleich neben meiner Sonne und Merkur, dem Planeten, der die Kommunikation und das Denken repräsentiert.

Doch eben, irgendwann kommt er: Dieser Punkt im Leben, an dem der Schmerz abebbt. An dem die Situationen, die deine Wunde zum Vorschein bringen und dich den Schmerz fühlen lassen, weniger werden. Dann ist es bei bestimmten Themen einfach genug – du hast den Schmerz transformiert. Und wenn du ihn los-gelassen hast, bleibst du gelassen.

 

Ein Wendepunkt in meinem beruflichen Schaffen

An mir nehme ich nun wahr, dass an diesem Punkt auch der innere Drang nachlässt, andere in ihrem Schmerz zu unterstützen, indem ich Erfahrungen, Erkenntnisse und (Sprach-)Instrumente teile.  

Also was nun?

Bedeutet dies das Aus für meine berufliche Tätigkeit im Bereich der bewussten Kommunikation?

Wohl kaum. Denn wie erwähnt entspringt mein Schaffen nicht nur dem Schmerz, sondern auch der Liebe zur Sprache. Diese bleibt bestehen und wird immer eine Quelle der Inspiration sein. Gleichzeitig wird deutlich, dass ich mich an einem Punkt der Neuorientierung, des Wandels befinde. Nach meinem Empfinden bereitet mich das Leben auf etwas Neues vor, das ich jedoch selbst noch nicht benennen kann.

Es wird dabei weiterhin um die Weisheit und die Besonderheit der Sprache gehen. Wer weiss, vielleicht in stärkerer Verbindung mit den beiden anderen Bereichen, die gemäss meinem Horoskop und Human Design offenbar meine Bestimmung ausmachen: Die Liebe und die Heilung.

 

Heilen, allein durchs Sein

Tatsächlich machen sie sich immer stärker bemerkbar, diese beiden Felder.

Jedoch ganz anders, als ich mir das je hätte vorstellen können. Nicht in Form von Theorien oder Wunschträumen, von Blogs oder Videobeiträgen. Auch nicht in Form einer Geschäftsidee, die ich in die Tat umsetzen will.

Nein: Indem ich immer mehr merke, dass ich bereits als Instrument der Liebe und der Heilung wirke, wo ich bin. Dass ich etwa Orte heile und in Ordnung bringe, wenn ich mich länger da aufhalte. Ich habe mich oft gewundert, wo uns das Leben auf unserer Reise als Familie in den letzten Jahren hingebracht hat – von Norditalien über den Balkan nach Deutschland und den hohen Norden, von Zermatt ins Engadin. Anhand einiger Zeichen begriff ich irgendwann: Das hatte seinen Grund. Jeder dieser Orte bedurfte der Heilung. Ich trug meinen Teil dazu bei – und erfuhr an all diesen Orten gleichzeitig selbst Heilung.

Klingt das grössenwahnsinnig für dich?

Dann frage ich dich: Wie bringst DU Heilung? Worin liegt DEINE wahre Aufgabe? Ganz offensichtlich bist du mit einer solchen auf die Welt gekommen!

 

Nichtstun ist genauso wertvoll wie das Tun

Womöglich offenbart sich diese Aufgabe erst, wenn der Schmerz geht. Dann kommen wir an unsere Essenz. Dann schöpfen wir nicht mehr aus dem Mangel und der Angst, sondern aus der Liebe.

Womöglich dürfen wir auch erkennen, dass das Sein genauso wertvoll ist wie das Tun. Ja, oft bewirken wir dann am meisten, wenn wir von aussen betrachtet scheinbar nichts tun. (Was meinen Mann nachvollziehbarerweise fragen lässt: Und wie verdienst du damit Geld? Doch das ist ein anderes Thema…)

Ich mache es wie immer und gehe mit dem Fluss. Es werden noch einige Überraschungen auf mich warten. Sollten sie von grösserer Bewandtnis sein, werde ich sie teilen.

Bis dahin gibt es halt die eine oder andere längere Pause zwischen meinen Beiträgen. Und vielleicht auch nicht ;-).