Nachfolgender Blog richtet sich an SprachliebhaberInnen wie mich, deren Herz unter anderem darin aufgeht, in einem Text die richtigen Kommas zu setzen. Nebst der Freude an einem „sauberen“ Text sind gut gesetzte Kommas auch ein zentrales Mittel, um den Lesefluss zu erhöhen.

Die Bereinigung von Kommafehlern ist daher eine meiner Haupt– und Lieblingsaufgaben bei den Textbearbeitungen.  

Einen besonderen Kommafehler korrigiere ich dabei besonders häufig. Er ist wohl die Folge einer Regel, die ich schon sehr oft gehört habe, die so jedoch unvollständig ist. Sie lautet: “Vor UND kommt kein Komma”.

 

Zwei vollständige Hauptsätze werden mit Komma vor UND getrennt

Richtig ist jedoch: Wenn ein UND zwei vollständige Hauptsätze miteinander verbindet, dann werden diese durch ein Komma voneinander getrennt.

Lass mich dies an einem Beispiel erläutern:

“Ich sah ein wunderschönes Bilderbuch UND kaufte es kurzentschlossen ein” ist ein korrekter Satz OHNE Komma vor dem UND. Denn nach dem UND folgt ein unvollständiger Satz (da ihm das Subjekt = “ich” fehlt).

“Ich sah ein wunderschönes Bilderbuch, UND kurzentschlossen kaufte ich es ein” ist ein korrekter Satz MIT Komma vor dem UND. Denn “kurzentschlossen kaufte ich es ein” ist ein vollständiger Satz. Also wird er mit einem Komma vor dem UND eingeleitet bzw. vom vorherigen Satz getrennt.

Nicht fakultativ, sondern notwendig

Obige Regel wird mitunter als fakultativ bezeichnet und lediglich dann nahegelegt, wenn die Gliederung des gesamten Satzes oder eines der beiden Hauptsätze besonders komplex ist.

Ich jedoch empfinde es immer als fehlerhaft, wenn das Komma vor einem (durch UND eingeleiteten) vollständigen Hauptsatz fehlt. Fast schmerzlich vermisse ich es zum Beispiel in diesem Satz, der mir in einem Buch begegnet ist, das ich gerade lese:

“Der triggernde Kontext (Nähe) muss mit neuen Erfahrungen (Sicherheit) überschrieben werden und das geht eben nicht ausserhalb dieses Kontextes.” 

Hier ist ein anderes Beispiel aus einem anderen Buch:

Wie wir oft hören, sind geniale Dinge oftmals einfach und so ist es auch in diesem Fall.

Erkennst du, wo das Komma gesetzt werden müsste? Wenn du den Satz laut liest, hörst du durch die kleine Pause beim Sprechen genau, wo es fehlt (eben: vor dem UND).

 

Ein vollständiger Hauptsatz: Subjekt und Prädikat

Der Vollständigkeit halber rufe ich weit zurückliegende Deutschstunden in Erinnerung, als wir lernten, was einen vollständigen Hauptsatz ausmacht. Viel braucht es nicht dafür:

Den vollständigen Satz erkennen wir daran, dass er mindestens ein Subjekt (= ich) und ein Prädikat (= kaufte ein) beinhaltet. Das nennen wir auch ein „Satzminimum“, also den kleinstmöglichen Hauptsatz. Oft kommt dazu noch ein Objekt (= es bzw. das Bilderbuch) und/oder eine Adverbialbestimmung (= kurzentschlossen).

Erkenne ich also einen vollständigen Hauptsatz nach dem UND, darf ich davor mit Inbrunst ein Komma setzen.

Und damit beende ich diesen grammatikalischen Impuls für SprachpedantInnen ;-).

PS: Lautet die richtige Mehrzahl von Komma “Kommas” oder “Kommata”? Beides ist richtig: “Kommas” ist einfach die deutsche Pluralbildung, “Kommata” die griechische.