Unlängst hat mich ein guter Freund dazu eingeladen, mit ihm einen öffentlichen Talk zum Thema „inneres und äusseres Aufräumen“ zu führen. Wir werden dafür keinen Inhalt vorbereiten, sondern aus unserem Erfahrungsschatz schöpfen. Doch schon heute geht mir ein Aspekt davon immer wieder durch den Kopf: Wie wichtig es ist, Dinge, die nicht uns gehören, zurückzugeben. Return to sender! Das gilt für das materielle Aufräumen – und ist unsere Hauptaufgabe beim emotionalen Aufräumen.

Übernommene Ängste und Glaubenssätze

Die letzten Monate erst haben mich verstehen lassen, dass wir alle im Kern nicht die sind, für die wir uns halten. Das Gros unseres Daseins besteht aus übernommenen Ängsten und daraus resultierenden Glaubenssätzen und Verhaltensweisen unserer Eltern und Grosseltern. Oft sind die Muster vor Generationen entstanden und stetig weiter vererbt worden, bis auch wir sie als Kind erlernt haben. Dass die Kindheit uns wesentlich beeinflusst, war mir schon immer klar. Wie umfassend sie jedoch Einfluss auf unser Leben hat, war für mich überraschend. 

Wir führen die Ehe unserer Eltern

So erkannte ich beispielsweise, dass meine Ehe – vom Moment des Heiratsantrags bis zum Alltag als Familie – gar nicht meine war. Ich lebte die Muster aus, die ich von meinen direkten Vorfahren mitbekommen hatte. Angefangen beim Widerstand, überhaupt zu heiraten, bis hin zum reinen Funktioneren, das irgendwann an die Stelle von nie zugelassenen Gefühlen getreten ist. Ich fand mich gar unvermittelt in einer Situation wieder, die es – wie mir später bewusst wurde – schon im Leben meiner Mutter und Grossmutter gegeben hatte. Diese Situation war quasi in meinem Feld gespeichert. Und ich habe sie neu kreiert – um sie zu erkennen und schliesslich aufzulösen.

In höchstem Mass eigenverantwortlich

Sie mögen nun sagen, dass wir doch nicht für Situationen verantwortlich sein können, die von aussen an uns herantreten. Doch genau das geschieht nach meiner Erfahrung. Wir sind für alles verantwortlich, was sich in unserem Leben ereignet. Oft übernehmen wir Rollen, die wir Personen in unserem Familiensystem „abnehmen“ wollen – selbst wenn wir sie selber nie gekannt haben. Das geht soweit, dass wir schwere Aufgaben oder gar Krankheiten auf uns nehmen – alles aus Liebe. Und alles unbewusst.

Gehört das Gefühl zu mir?

All diese Ängste, Rollen, Gefühle, Eigenarten – sie gehören nicht zu uns. Das Wundersame ist: Genau so wie materielle Sachen können wir auch sie jenen zurückgeben, zu denen sie gehören. Es ist mir zur Gewohnheit geworden, bei jedem unangenehmen Gefühl, das in mir auftaucht, zu fragen: Was ist das? Was hat es mit mir zu tun? Gehört es zu mir? Wenn nein: Zu wem gehört es? Und es dann in Liebe und Respekt für die Person und den Weg, den sie gewählt hat, zurückzusenden. So trage ich einen Aspekt nach dem anderen ab, der mein darunter liegendes wahres Selbst überdeckt. Return to sender! Er oder sie wird wissen, was mit dem Paket anzufangen ist. Und Sie werden sich immer leichter und freier fühlen. Übrigens geht dieser Prozess einfacher, wenn Sie dafür jemanden zur Seite haben, der kompetent und vertrauenswürdig ist. Auch das ist gleich wie beim materiellen Aufräumen.