Weisst du, wie ein sprachliches Eigentor aussieht?

„Es stimmt nicht, dass wir Journalisten Fake News produzieren!“
Boom! Schon ist der Ball im eigenen Netz. Und Donald Trump freut sich.

Denn: Jedes Mal, wenn wir einer Äusserung widersprechen, verstärken wir sie. In der Fachsprache heisst das: Wer Frames negiert, der aktiviert sie.

Unser Hirn denkt in Frames

Frames sind die Rahmen, an denen unser Hirn Worte anhand von abgespeicherten Erfahrungen und abgespeichertem Weltwissen anknüpft. Die Wissenschaft ist sich einig, dass es kein Reden und Denken ausserhalb dieser Frames gibt.

So aktiviert der Begriff „Fake News“ in uns unweigerlich den Frame „Lügen, Manipulation, unseriös“.


Männlich gleich schroff, weiblich gleich niedlich – auch in der Grammatik

Frames sind überall – und sie sind subtiler und kraftvoller, als wir uns das vorstellen. Allein schon das grammatikalische Geschlecht eines Wortes beeinflusst unsere Wahrnehmung!

So beschreiben deutsch sprechende Versuchspersonen in Studien einen Schlüssel als kantig, schroff, kalt und eckig. Auf spanisch ist der Schlüssel – la clave – weiblich: Spanische Versuchspersonen beschreiben ihn als klein, komplex und niedlich.

Das mag harmlos erscheinen. Doch hast du gewusst, dass bei Wirbelstürmen nachweislich mehr Menschen überleben, wenn diese einen männlichen Namen tragen? Wirbelsturm „Harry“ erscheint von vornherein grösser und gewaltiger als Hurrikan „Susi“– in der Folge werden früher Notmassnahmen vorbereitet und es wird schneller evakuiert!

Streiche „Es stimmt nicht, dass …“ aus deinem Wortschatz

Wehren wir uns gegen einen Begriff, aktivieren wir den mit ihm verbundenen Frame. Statt sich gegen Fake News auszusprechen, bringen Journalistinnen und Journalisten stattdessen besser die gewollte Botschaft an – sprechen also davon, wie viel ihnen an seriöser Recherche gelegen ist.

Dieses Vorgehen ist genau so anwendbar im privaten Bereich. Auf die Frage „Bist du fürs Bungee Jumping nicht zu alt?“ erwiderst du lieber kein empörtes „Keinesfalls bin ich dafür zu alt!“. Betone stattdessen mit einem Lächeln, wie vital du dich fühlst.

Als einfache Massnahme gilt: Streiche den Satzbeginn „Es stimmt nicht, dass …“ einfach aus deinem Wortschatz. … und geniesse dann den Sprung!

 

PS: Wie Worte wirken, was sie in unserem Hirn machen und was Frames sind, erläutere ich im kostenlosen Kurz-Training „Worte wirken!“. Mach mit!
 
PS 2: Zu oben erwähnten Ausführungen (insbesondere zur Anwendung von Framing in der Politik) gibt es einen hochspannenden Vortrag der Linguistin und Sprachforscherin Elisabeth Wehling (ab Minute 50 zur Unwirksamkeit von Verneinungen im Hirn)