Ich hörte das Wort vor wenigen Wochen zum ersten Mal.

Mit Ben, Mia und ihrer Freundin Lyan sass ich im leistungsstarken Mercedes-AMG eines Freundes und kutschierte die drei zur entfernt gelegenen Spielhalle (die sich wenig später als “uncool” herausstellen sollte). “Jetzt können wir richtig flexen!” äusserte sich Ben begeistert zu unserem noblen fahrbaren Untersatz, während die ebenso aufgeregten Mädchen von einer echten Flex-Maschine” sprachen.

Flexen? Was bitte heisst flexen?

Die drei klärten mich auf: “Na, angeben, natürlich!”

Anglizismen als Hauptbestandteil von Jugendslang

Vorgestern war Lyan wieder zu Besuch bei uns. Und wieder hörte ich Wörter, die mir neu waren, bei Jugendlichen jedoch gang und gäbe zu sein scheinen. Ich nutzte die Gelegenheit und bat die drei, mir ihre am häufigsten verwendeten Begriffe und ihre Bedeutung mitzuteilen. Ich wollte mich in Sachen Jugendslang weiterbilden.

Je länger die Liste wurde, desto mehr staunte ich.

Vor allem wurde mir bewusst, dass die Jugendsprache nicht mehr deutsch ist, sondern aus englischen Begriffen besteht. Auch wenn Worte wie “cool”, “hip”, „Kids“, “Loser” und viele mehr längst in der Alltagssprache Einzug gehalten haben, wurde mir nochmals besonders deutlich, wie sich Anglizismen im Teenie-Slang (auch zwei englische Begriffe) breit gemacht haben.

Ausnahmen stellen Ausdrücke wie “ehrenlos”, “Du Opfer”, “Was laberst du?” und “Wen juckt es?” dar. Und – Ronaldo sei Dank – “Sü!”. Dazu komme ich gleich.


Slay (angesagt) oder cringe (peinlich)?

Falls du im Jugendslang ebenso unbedarft bist wie ich vor kurzem, teile ich die Neuzugänge in meinem passiven Wortschatz im Rahmen einer kleinen erfundenen Geschichte. Ich gebe sie in der Jugendsprache mit eingebauter Übersetzung in “normales Deutsch” (in Klammern) wieder:


Lisa und Emma nutzen den sonnigen Tag für einen Besuch im Freibad. Besonderer Anziehungspunkt ist auch heute der Sprungturm. Kaum mischen sie sich unter die Schaulustigen am Beckenrand, sehen sie auch schon ihren Schulkollegen Max die Treppe zum Fünfmeter-Sprungbrett hochsteigen. “Der will wohl wieder flexen (angeben)”, sagt Emma zu Lisa.

Doch diese ist voller Bewunderung für Max: “Sei nicht ehrenlos! (Sei nicht unfair!). Für mich ist er GOAT (the Greatest Of All Times – der Grösste)! Vor allem finde ich sein Outfit so slay (er zieht sich so gut an). Also chill mal (entspann dich)!” Lisa wirft ein bombastic side eye (einen ungläubig-skeptischen Seitenblick) auf Emma. “Max ist doch so cringe (komisch, peinlich) mit seiner Igelfrisur! Also ich finde ihn echt pass (daneben).”

 

Ronaldos Jubelschrei: Der Brüller unter Fussballfans

Doch im nächsten Moment traut sie ihren Augen nicht: Max hat soeben einen voll fetten (grandiosen) Dreifachsalto in kühle Nass hingelegt. “Was für ein cleaner (sauberer) Sprung”, murmelt sie ungläubig vor sich hin, während Fussballfan Emma nur begeistert “Süüüüü!!” (Jubelschrei von Ronaldo) schreit.

Doch offenbar haben Max’ Vorstellung nicht alle gut gefunden. Philipp steht neben ihnen und buht ihn aus: “Hey Bro (hey Bruder / du), das war echt hobbylos! (Kannst du das nicht besser?)” Wütend dreht sich nun auch Lisa zu ihm um und sagt ungehalten: “HDF, du Opfer! (Halt die Fresse, du Blödmann!)” Philipp gibt umgehend zurück: “Hey, willst du beef (suchst du Streit)?” Und an seinen Freund gerichtet meint er: “Darf sie so? (Wie frech ist die denn?)”

YOLO, Digga!

Doch Emma zieht Lisa einfach zu sich und sagt: “Komm, lass ihn. Lass uns stattdessen zu Max gehen und ihm sagen, wie smash (genial) sein Sprung war. “Ock! (In Ordnung!)”, sagt Lisa und folgt ihrer Freundin zum Becken, wo Max gerade tropfnass aus dem Wasser steigt. “Digga (”Dicker” = Freund), das war ja richtig nice (super)!” Max grinst die beiden nur an und sagt lässig: “YOLO, girls! (You Only Live Once = Geniesse das Leben!)”.


Ben hat sich während des Vorlesens dieser Geschichte gekrümmt auf seinem Sitz. Er findet sie gleichermassen erheiternd wie peinlich –
ich meine “cringe”. Ich hätte übertrieben viele Slangwörter benutzt und diese nicht ganz korrekt eingesetzt. Falls ich als Anfängerin die Begriffe also in falschem Zusammenhang wiedergegeben habe, sieh mir dies bitte nach, liebe Leserin, lieber Leser.

 

Englisch als neue Weltsprache?

Bei allem Amüsement: Ich finde es bedenklich, wie sehr die englische Sprache den deutschen Wortschatz bei jungen Menschen – und nicht nur bei diesen – unterwandert. Ist dies das Resultat einer Absicht, Englisch als neue Weltsprache zu etablieren?

Nach den Erkenntnissen der letzten drei Jahre erscheint mir dies durchaus plausibel. Auch, wenn die Verbreitung von neuen Begriffen bestimmt einer gewissen Eigendynamik unterliegt: Dass sie bewusst gestreut und über diverse Medien populär gemacht werden, passt perfekt zur Agenda einer globalen Weltordnung mit einer globalen Weltsprache. Und jede geplante Umwälzung in der Gesellschaft geschieht in erster Linie über eine Manipulation durch die Sprache bzw. der Sprache selbst. 

 

Deutsch ist eine Schöpfersprache. Wir tun gut daran, den deutschen Wortschatz bewusst zu erhalten und einer Verwässerung entgegenzuhalten. Ich gehe noch einen Schritt weiter und lade dazu ein, insbesondere kraftvolle alte deutsche Ausdrücke neu zu entdecken und gezielt in den eigenen Sprachgebrauch zu integrieren.

Auf die Gefahr hin, dass ich damit bei meinem Sohn vollkommen aus der Gunst falle, rufe ich daher: Auf, ihr jungen Menschen, lasst uns die althergebrachten deutschen Worte wahren! 

 

PS: Die Einführung von Englisch als Weltsprache sowie die Kraft alter deutscher Wörter ist auch Thema in meinem Gespräch mit Robin Kaiser zur “Kraft der Sprache”: