Ohne Double Binds kommunizieren – was heisst das? Ein Beispiel aus dem Alltag:

Wir bereiten unsere lange Reise im Wohnmobil vor. Mein Mann will das grosse Vorzelt zusammenlegen. Das hat sich in der Vergangenheit als langwierige Prozedur erwiesen. Er wünscht sich meine Hilfe.

Ich spüre, wie sich Widerwillen in mir breit macht. Ich habe soeben meine Arbeit beendet. Gleichzeitig wartet unsere Tochter darauf, dass ich mich ihr zuwende. Also sage ich: „Ich helfe dir heute Abend gerne. Jetzt gehe ich mit Mia ins Freibad.“

Zehn Minuten später trete ich vor die Haustür und sehe dort meinen Mann, der das Vorzelt auf der Strasse ausgebreitet hat. Seine Botschaft: „Ihr könnt mir jetzt rasch helfen. Oder ihr könnt es sein lassen und einfach gehen.“

Double Binds bringen uns in die Zwickmühle

Die Fachsprache nennt diese Situation einen „Double Bind“. Der Absender sendet eine widersprüchliche Botschaft – entweder

  • auf der rein inhaltlichen Ebene („Ich erwarte nicht von Ihnen, dass Sie Tag und Nacht arbeiten, aber eine Verzögerung im Projekt können wir uns jetzt nicht leisten!“),
  • oder der Inhalt und der non-verbale Ausdruck stimmen nicht überein (mit weinerlicher Stimme geäussertes „Doch, doch, mir geht es ganz gut“).

All diese Situationen haben gemeinsam, dass sie die empfangende Person in ein Dilemma bringen. Was soll sie tun? Welchem Teil der Botschaft soll sie Beachtung schenken?


Häufig in der Eltern-Kind-Kommunikation – und besonders perfid

Double Binds kommen häufig in Beziehungen mit einem unterschiedlichen Abhängigkeitsverhältnis vor – etwa zwischen Führungskraft und MitarbeiterIn, oder zwischen Eltern und Kind („Mach doch, was du willst!“).

In letzterem Fall sind sie besonders perfid. Denn Kinder können sich vom Stress und den Schuldgefühlen, die solch widersprüchliche Botschaften bei ihnen auslösen, nicht abgrenzen.

Was sie auch tun, sie müssen entweder ihre eigenen Bedürfnisse oder jene ihrer Eltern verletzen. Das tut weh – und kann langfristig zu psychischen Störungen führen.


Abgrenzen und den eigenen Bedürfnissen folgen

Als EmpfängerIn eines Double Binds darf ich diesen zunächst erkennen. Dann kann ich mich innerlich davon abgrenzen. Das ist die erste und wichtigste Strategie, wie ich mit einer doppelten Botschaft umgehen kann.

Wenn das geschehen ist, fällt es mir auch leichter, eine weitere Strategie anzuwenden: Mich nämlich ohne Schuldgefühle für eine der beiden widersprüchlichen Botschaften zu entscheiden – am besten für jene, die meinen eigenen Bedürfnissen entspricht.

Im oben erwähnten Fall hiess das: Ins Freibad gehen und meinen Mann das Vorzelt selber zusammenlegen lassen.


Wertschätzende Eltern vermeiden Double Binds

Einem Kind ist eine solche Abgrenzungsstrategie nicht möglich. Es obliegt also den Eltern, doppeldeutige Botschaften in ihrem Ausdruck zu erkennen – und in der Folge ohne Double Binds zu kommunizieren. Auch hier gilt: wertschätzend heisst klar!

 

Eine wohlwollende innere Haltung, Gestik und Tonalität – und damit auch das Vermeiden von Double Binds – gehören zu den Voraussetzungen für eine wertschätzende Kommunikation. Entsprechend vertiefe ich das Thema in jedem meiner online-Trainings für eine wirkungsvolle Sprache. Finde mehr heraus!