Ein Begriff hat für mich in letzter Zeit an Bedeutung gewonnen: der “Energieausgleich”.

In meinem Verständnis beschreibt er die Balance zwischen Geben und Nehmen, zwischen Aufwand und Ertrag. Bei der angemessenen Entlöhnung einer Dienstleistung etwa ist diese Balance gegeben. Doch der Begriff ist weiter gefasst: Er beschreibt auch den Zustand des energetischen Gleichgewichts. Gerät dieses aus den Fugen, dann fühle ich mich ausgelaugt und leer. Dann ist eine Korrektur angezeigt.

Das Bild der energetischen Balance hilft mir, meine eigenen Grenzen leichter wahrzunehmen und sie mit einem guten Gewissen zu wahren. Das heisst oft: “Ja” zu mir und “nein” zu anderen sagen.

Wie in diesem Beispiel:

Ein sicherer Raum, um Dampf abzulassen

Eine liebe Freundin von mir macht sein längerem eine schwierige Zeit durch. Für mich war es bislang selbstverständlich, ihr mit einem offenen Ohr zur Seite zu stehen. Unter anderem hörte ich viele lange Sprachnachrichten ab, in denen sie mir von ihren wiederkehrenden emotionalen Herausforderungen berichtete.

Vor kurzem verspürte ich den Impuls, mit ehrlichen Worten auf ihre Ausführungen zu reagieren und ihr als Antwort ebenso offen wie mitfühlend mitzuteilen, wo ich die Ursache für ihre anhaltende Misere orte.

Nun weiss ich wohl, dass solche unaufgeforderten Ratschläge wie Schläge wirken können. Vielleicht fragte sie mich deshalb, ob es für mich möglich sei, ihre Sprachnachrichten nur abzuhören, ohne sie zu beantworten; ob ich ihr einfach einen sicheren Raum geben könne, um “Dampf abzulassen”.

Wo ist das Gleichgewicht?

Noch vor wenigen Monaten wäre ich auf diese Bitte eingegangen. Nun jedoch wurde mir bewusst, dass das energetische Gleichgewicht hier nicht gegeben wäre. Denn auf diese Art würde sie ihre schwierigen Momente und Gefühle ohne jede Reaktion meinerseits – und damit ohne Ausgleich – wiederholt an mich weitergeben. Es würde mich energetisch leeren, während sie ihre Energie auf diese Weise wieder anheben würde.

So lehnte ich ihre Bitte mit dem Hinweis auf den fehlenden Energieausgleich liebevoll ab.

Für mich ist es falsch verstandene Solidarität, auf diese Weise für jemanden da zu sein. Im Zuge meiner persönlichen Entwicklung habe ich gelernt, dass es weder für mich noch für den anderen Menschen hilfreich ist, wenn ich ihm seine Themen abnehme. Einerseits zieht mich das herunter. Andererseits beraube ich damit auch den anderen der Möglichkeit, sein Thema in Eigenverantwortung – und damit nachhaltig – zu lösen.

Wenn Kinder ihren Eltern helfen wollen

Wir kennen den Versuch, die Probleme anderer auf uns zu nehmen, von Kind an:

Bert Hellinger, der Begründer des Familienstellens, beschreibt in seinen Büchern eindrücklich, wie jedes Kind versucht, die Themen seiner Eltern auf seine Schultern zu nehmen. Es tut dies aus Liebe, um ihnen zu helfen. Dieses Bemühen stellt jedoch eine Anmassung dar: Im Familiensystem reiht sich ein Kind immer unterhalb seiner Eltern ein. Will es ihnen helfen, dann stellt es sich unbewusst über sie und bringt damit die natürliche Ordnung durcheinander. Jede derartige Bemühung ist zum Scheitern vorbestimmt – und für keinen der Beteiligten förderlich.

Unbewusst wiederholen wir das Gleiche als Erwachsene mit unseren Partnerinnen und Partnern oder mit Freundinnen und Freunden.

Ein Gespräch auf Augenhöhe wirkt Wunder!

Wohlgemerkt: Im einleitend genannten Beispiel gerät der Energieausgleich durch die einseitige Übernahme von Themen in Schieflage – oder eben beim einseitigen oder wiederholten Abladen von Problemen auf andere.

Im Gegensatz dazu wirkt ein echter Austausch Wunder! Ich staune immer wieder über die heilsame Wirkung von Gesprächen auf Augenhöhe. Nicht nur meine GesprächspartnerInnen, auch mich selbst bereichert und erfüllt es, wenn ich wahrhaft in die Gefühlswelt des anderen eintauche, wahrhaft zuhöre und den anderen wahrhaft sehe. Auf diese Weise fliessen die Informationen aus anderen Ebenen wie von Zauberhand.

Dies hat sich in den letzten Jahren als Eigenschaft erwiesen, mit der ich andere wirksam unterstützen kann und für die ich entsprechend oft aufgesucht werde. Stellvertretend für viele andere erinnere ich mich an S., die Teilnehmerin meines online-Trainings für Mütter: Sie sagte mir nach einem persönlichen online-Gespräch, wie aufgefüllt und zuversichtlich sie sich jetzt fühle. Dabei habe sie das Gespräch erst verschieben wollen, so müde und ausgelaugt sei sie vorher gewesen.

Zu unterschiedliche Schwingungen und Lebenseinstellungen

In einem solchen Fall entsteht der Energieausgleich einerseits dadurch, dass ich daran beteiligt sein darf, jemandem einfach die Zeit und den Raum zu geben, um ihre bzw. seine Themen auszusprechen und dadurch gedanklich zu sortieren. Andererseits entsteht er auch, indem ich von meinen Kundinnen und Kunden dafür bezahlt werde.

Im privaten Bereich entsteht der Energieausgleich durch Gegenseitigkeit und Augenhöhe. Mit meiner Freundin etwa tausche ich mich seit Jahren fast täglich über ihre und meine Themen aus – mit dem Effekt, dass wir beide jeweils gestärkt, mit angehobener Energie und um viele Erkenntnisse reicher aus unseren Dialogen hervorgehen.

Im Gegensatz dazu gibt es Gespräche und Begegnungen, bei denen ich mich anschliessend geleert und ausgesprochen müde fühle. Sicher kennst auch du solche “Energieräuber”. Das energetische Gleichgewicht ist dann aus den Fugen geraten, das heisst: Eine Seite hat mehr gegeben, die andere mehr „abgesogen“.

Für mich ist das Gefühl von Müdigkeit ein deutlicher Hinweis darauf geworden, dass die Schwingungen bzw. Lebenseinstellungen von mir und meiner Gesprächspartnerin zu unterschiedlich sind oder sich im Lauf der Zeit zu sehr auseinander bewegt haben, als dass ein anregender, aufbauender Austausch noch möglich wäre.

Dann gestehe ich mir mittlerweile zu, auf ein weiteres Zusammenkommen zu verzichten und selbst lange bestehende Freundschaften zu einem Ende kommen zu lassen. Möglicherweise kreuzen sich unsere Wege zu einem späteren, passenderen Zeitpunkt ja wieder. 

Das ist ein Akt der Selbstfürsorge, der sich positiv auf mein energetisches Gleichgewicht auswirkt – und im Sinn der natürlichen Ordnung sowohl legitim als auch erforderlich ist.

 

PS: Der Wunsch, Geld verdienen zu wollen, ist ebenfalls legitim. Doch manchmal bringt er die heikle energetische Balance aus dem Gleichgewicht. Ich werde darauf im nächsten Blog eingehen.

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