Manchmal verwenden wir sprachliche Ausdrücke, die bei genauerem Betrachten in Widerspruch zu dem stehen, was wir inhaltlich vermitteln wollen.

Ein solcher Ausdruck ist nach meinem Empfinden das Wort “zulassen”:

Wir wollen damit sagen, dass wir offen sind für etwas Neues oder für andere Meinungen. Oder wir geben damit jemandem die Erlaubnis, etwas zu tun. Mit der “Zulassung” genehmigt auch die Amtssprache den Zutritt zu, die Teilnahme an oder die Ausübung von etwas.

Doch eben: Der Begriff beinhaltet das Wörtchen ZU. Zu im Sinn von “geschlossen”. Ein einziger Leerschlag offenbart diese widersprüchliche Bedeutung: aus “zulassen” wird “zu lassen”.

 

ZU: Ein vielseitiges kleines Wort

Nun magst du einwenden, dass ZU ein sehr vielfältig gebrauchtes Wort ist – und nicht nur „geschlossen“ bedeutet.

Tatsächlich offenbart dies auch der Blick ins Wörterbuch. Dort steht unter anderem, dass wir ZU als Präposition und als Adverb unterscheiden können:

  • Als Präposition zeigt es räumlich eine Richtung (zu Boden gehen / zum Vater laufen / zu Herzen gehen / zur Schule gehen etc.), das Befinden an einem Ort (zu Hause / zu Bett / zu Tisch sein) an. Zeitlich beschreibt es einen Zeitpunkt (zu Ostern / zu Saisonbeginn) oder eine Zeitdauer (zu dieser Zeit). Weitere Bedeutungen entnimm gerne dem Wörterbuch der deutschen Sprache.
  • Als Adverb beschreibt es ebenfalls eine Richtung (dem Ausgang zu drängen), das Gegenteil von AUF (geschlossen), im Imperativ ruft es zum Weitermachen auf (”Nur zu!”, “Lauf zu!”) oder beschreibt ein höheres oder niedrigeres Mass als angemessen (der Ring ist mir zu teuer / du bist mir zu laut / das Haus ist zu klein). Die vollständige Übersicht findest du hier.

 

Auf die Schwingung kommt es an

Auch wenn ZU also vieles bedeutet, so ist für mich die Schwingung am Ende entscheidend. Wer auf die Wirkung von Worten achtet, wird das Wort “zulassen” daher mit Vorsicht anwenden. Wenn ich für etwas offen bin (oder sein will), dann lasse ich das ZU aussen vor und sage stattdessen zum Beispiel “erlauben”.

Gleiches gilt fürs Zuhören: Wie offen bin ich dabei wirklich? Möglicherweise sage ich lieber “ich höre dich” oder “ich bin mit offenem Ohr bei dir”.

Gleichermassen können wir eine Sache “gestehen” statt “zugeben”. Und statt jemandem etwas zuzugestehen, räume ich es ihm viel lieber ein.  

 

Die herzöffnende Wirkung von BEISAMMEN

Für das online-Training „Die Sprache der Heilung“ habe ich mit Nadja Marija Liechti nach Worten gesucht, die energetisch eine herzöffnende und aufrichtende Wirkung aufs kollektive Feld haben.

BEISAMMEN ist eines dieser besonderen Worte:

Bei seiner Verwendung oder Betrachtung entsteht bei diesem Wort gefühlsmässig das Bild des Buddhabauchs, der sich mit Atem gefüllt ausdehnt. Er steht für den natürlichen Prozess des Durchatmens, des tiefen Ein- und Ausatmens. Ein wohliges Gefühl dehnt sich aus. Herz, Lunge und Hals öffnen und entspannen sich.

Das Wort beinhaltet Verbindung, Frieden und Einigkeit.

ZU-SAMMEN, das inhaltlich die gleiche Bedeutung hat, lässt diese herzöffnende Wirkung vermissen.

Was öffne ich, wenn ich etwas “erschliesse”?

Der Widerspruch zwischen Wort und inhaltlicher Bedeutung ist mir vor kurzem auch beim Verb “erschliessen” bewusst geworden. Natürlich: Es ist damit ein ent-, ein auf-schliessen gemeint. Dennoch steckt der Wortbestandteil “schliessen” im Ausdruck. Es bleibt also die Frage: Mache ich mit diesem Begriff etwas auf – oder bleibt etwas zu?

Wenn wir uns neue Welten, neue Themen und Erkenntnisse erschliessen wollen, dann geht es um eine Öffnung unseres Geistes und unseres Horizonts. Ich ziehe es daher vor, in diesem Zusammenhang das Verb “eröffnen” zu brauchen: Ich eröffne mir neue Perspektiven.

 

Ebenso hoffe ich, dass sich durch diesen Beitrag auch bei dir Gedankenanregungen ergeben und neue Möglichkeiten im Sprachgebrauch eröffnet haben!